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“Der Kaffeeanbau erfordert eine ungeheure Sorgfalt“

Die Berliner Kaffeerösterei Andraschko


(Quelle: M.Graß)
GDN - Wilhelm Andraschko hat in Berlin Kaffeegeschichte geschrieben. Einst brachte er die Kaffeehauskultur seiner Wiener Heimat an die Spree. Heute betreibt der begnadete Kaffeespezialist seine eigene Rösterei und beliefert europaweit Spitzengastronomen.
Quelle: Familie Andraschko
“Ja gibt´s denn hier gar keinen Kaffee?“. Wilhelm Andraschko blickt enttäuscht auf die leere Tischplatte und setzt sich zu mir und seiner Frau Elisabeth, die mir selbstverständlich zuvor einen Kaffee angeboten hatte, an den Tisch. Kaffee ist das zentrale Thema im Leben des gebürtigen Wieners. Gerade kürzlich ist er mit seiner Kaffeerösterei von Kreuzberg in das Industriegebiet in Berlin-Tempelhof gezogen, wo wir uns zu einem Gespräch verabredet haben. “Der Umzug war unumgänglich, weil wir aus allen Nähten platzten“, erklärt mir Frau Andraschko.
Der Röstmeister überwacht die Produktion
Quelle: M.Graß
Seit 2006 betreibt das Paar seine Kaffeerösterei, in der sich täglich acht Angestellte der Produktion von hochwertigem Spitzenkaffee widmen. Etwa 10 Tonnen Kaffee verlassen pro Monat das Haus. Geliefert wird nicht nur deutschlandweit, auch in Österreich, Frankreich, der Schweiz und den baltischen Staaten findet Andraschko-Kaffee seine Abnehmer. Beliefert werden vorrangig gastronomische Betriebe, wie zum Beispiel die Restaurants von Sarah Wiener oder Tim Mälzer.
Dass ich Herrn Andraschko heute persönlich antreffe, ist keinesfalls selbstverständlich, denn einen nicht unerheblichen Teil des Jahres verbringt der Unternehmer damit, seine Kaffeeproduzenten zu besuchen. Demnächst geht es wieder nach Äthiopien, wie er mir erzählt. Diese Reisen seien für ihn unerlässlich, denn der Kontakt zu seinen Produzenten sei ihm ausgesprochen wichtig. Etwa fünfmal pro Jahr reise er in die Kaffeegebiete dieser Welt, was die Bedeutung, die die Kaffeefarmer für ihn haben, unterstreicht.
W. Andraschko im Gespräch mit einem seiner Farmer
Quelle: Familie Ansraschko
Auf meine Frage, was denn einen wirklich guten Kaffee für ihn ausmache, antwortet mir der Unternehmer, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken: “Ein gutes Grundprodukt, das geniale Farmer liefern.“ Ich möchte wissen, was denn einen “genialen Farmer“ seiner Ansicht nach auszeichne. “Zunächst einmal ist mir der Umgang mit den Mitarbeitern wichtig. Die müssen gut ausgebildet und vernünftig behandelt und bezahlt werden. Die Analyse und Bearbeitung der Böden ist natürlich ganz entscheidend. Ein guter Farmer kennt sich mit dem Wetter aus und beobachtet es ganz genau. Dinge wie Sonneneinstrahlung sind ganz wichtig. Und dann gibt es einen bestimmten Initialpunkt“¦ dann müssen die Pflanzen bewässert werden. Den darf man nicht verpassen.“
Kaffeeanbau und -ernte erfordern große Sorgfalt
Quelle: Familie Andraschko
Der Cafetier fährt fort: “Der Kaffeeanbau erfordert eine ungeheure Sorgfalt. Wenn sie zwischen Feldern verschiedener Farmer stehen, sehen sie sofort, wer sorgfältig arbeitet und wer nicht.“ In Fachkreisen und unter Gastronomen ist es jedoch auch kein Geheimnis, dass Wilhelm Andraschko ein Spezialist ist, wie man ihn nur selten findet. Sein Umgang mit Kaffee und sein Gespür für die richtige Mischung sind legendär, weshalb ich ihn darauf hinweise, dass er seinen persönlichen Anteil am Endprodukt doch wohl ein wenig zu gering einschätze. Diese Vermutung verneint er jedoch vehement. “Nein - nur auf der Basis eines perfekten Grundproduktes, kann ich etwas Gutes herstellen.“
Ein großartiger Kaffeespezialist: W.Andraschko
Quelle: Familie Andraschko
Wilhelm Andraschko hat die Berliner Kaffeeszene nachhaltig verändert und geprägt. “Mein Mann hat die erste Espressomaschine nach Berlin gebracht“, erinnert sich Frau Andraschko. Er hat das legendäre Café Einstein mitbegründet und, noch bevor “Starbucks“ den deutschen Markt entdeckt hat, war er es, der in Berlin, mit einer Kaffeekette den Coffeeshops den Weg geebnet hat. Doch aus diesem Geschäft hat sich Wilhelm Andraschko vollkommen zurückgezogen. Heute widmet er sich ganz und gar der Herstellung von erstklassigem Kaffee, wobei für ihn die Herstellung eines guten Espressos die wahre Königsdisziplin ist.
Qualität hat ihren Preis
Quelle: M.Graß
Selbstverständlich hat ein Kaffee von solch einer Qualität, seinen Preis. Etwa 10-15 Euro kosten 500g Kaffee aus dem Hause Andraschko. Berechnet man jedoch den Preis pro Tasse, handelt es sich um einen durchaus erschwinglichen Luxus, insbesondere wenn man ihn mit den Preisen mancher Espressokapselhersteller vergleicht. Frau Andraschko kann die Verwendung derartiger Kapseln zwar unter dem Bequemlichkeitsaspekt nachvollziehen, wundert sich aber zugleich auch darüber, dass bei Marken wie “Nespresso“, die sonst so verbreitete “alles-muss-billig-sein“-Mentalität außer Kraft gesetzt werde. Zudem sei das Kapselsystem, durch die Aluminiumverpackung von Kleinstmengen, rein ökologisch mehr als fragwürdig.
Sinkende Kaffeepreise auf Kosten der Kaffeebauern
Quelle: Familie Andraschko
In den letzten Jahren ist der Preis für Kaffee weltweit enorm gesunken. Laut Tagesspiegel vom 09.01.2005 hatte der Durchschnittspreis für Kaffee, zum damaligen Zeitpunkt, das niedrigste Niveau seit 50 Jahren erreicht. Das freut den Konsumenten hierzulande, geht jedoch auf Kosten der Kaffeebauern in den Erzeugerländern. Wenig bekannt ist die Tatsache, dass in Deutschland eine Kaffeesteuer von 2,19 Euro pro Kilogramm Röstkaffee, bzw. 4,78 Euro für löslichen Kaffee, erhoben wird. Bedenkt man noch Faktoren wie Transport, Lagerung, Zölle und die Gewinnspanne für den Handel, fragt man sich, wie mancher Preis zustande kommen kann, bzw. was ein Kaffeebauer verdient, wie er seine Familie ernähren und seine Kinder zur Schule schicken soll.
Auch Elisabeth und Wilhelm Andraschko wundern sich, beim Gang durch den Supermarkt, über die niedrigen Kaffeepreise und können sich diese oftmals nicht erklären. Einem Kaffee, der unter 17 Euro pro Kilo angeboten werde, könne er nicht trauen, so Wilhelm Andraschko. Er sieht sich als Kaffeeröster hier in der Verantwortung, aber wir als Verbraucher sind es auch.

weitere Informationen: https://http://www.andraschkokaffee.com/

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